10 DM Miete für einen Wohnheimplatz

„Es war 1991 schon ein schwerer Anfang. Wir hatten es damals mit viel Neuland zu tun, neue Gesetze, neue Vorschriften und Arbeitsweisen.“ Als damaliger Abteilungsleiter für Allgemeine Verwaltung/Werterhaltung/Investitionen beim Studentenwerk Leipzig hatte es Frank Kießling aber auch mit ganz praktischen Herausforderungen zu tun. So mussten nach der Übernahme der Gebäude – 12.500 Wohnheimplätze an 20 städtischen Standorten – erst einmal Mehrbettzimmer auf Doppelzimmer reduziert oder 7.000 Briefkästen eingebaut werden. Zuvor hatten studentische Pförtner die Post entgegengenommen und die Studierenden hatten sie an der Pforte abgeholt.

Mit der Wiedergründung des Studentenwerkes Leipzig zum 1. Juli 1991 begann man sogleich mit der Sanierung (und Renovierung) der Wohnheime. Im Juli begannen bauliche und technische Maßnahmen für das Wohnheim Tarostraße 12-18, am Wohnheim Jenny Marx in der Goethestraße 6 und parallel an älteren Wohnheimen die Umstellung von Braunkohle- auf Ölheizung.

"Dabei wurden von Anfang an auch Aspekte der Ökologie und Nachhaltigkeit beachtet, etwa Wärmedämmung verbaut und neue Zimmerstrukturen geschaffen", erinnert sich Kießling. "Die Substanz der Platten wurde erneuert, Haustüren und Aufzüge mussten ersetzt werden." Im zweiten Halbjahr wurden allein rund 20 Millionen DM für die Arbeiten aufgewendet. Es wurde sofort auch mit der Gebäudeautomatisierung der Wohnheime begonnen, was die Regelungstechnik – Heizung, Lüftung, Warmwasser – betraf. Die Technik wurde zentralisiert, so dass sie künftig durch die Hausmeister und zentral von der Verwaltung in der Goethestraße aus via Bildschirm überwacht werden konnte.
Es gab 1991 acht Wohnheimkomplexe mit acht Etagen und elf Einzelhäuser. In der Übergangszeit wurde die Miete Anfang 1991 von 10 auf 50 DM erhöht – unter großen Protesten der Studierenden. Im Wintersemester 1991/92 stieg die Miete auf 80 DM. Das beruhigte sich, als die Sanierungen voranschritten und zu berechtigten Preisen führte.
Erst ab dem Jahr 2000 arbeiteten die Wohnheime kostendeckend. Im Jahr 2004 wurde mit der baulichen Fertigstellung des Studentenwohnhauses in der Nürnberger Straße diese Sanierungsphase endlich abgeschlossen. Das von den Studierenden kurz „Nürni“ genannte Gebäude war das letzte noch unsanierte Wohnheim. Damit war das Studentenwerk Leipzig das erste der ostdeutschen Studentenwerke, das nach der Wende die Sanierung seiner Studentenwohnheime beenden konnte; wohlgemerkt der Platten-DDR-Bausubstanz. Der Erhalt dieser Bausubstanz ist eine wichtige Aufgabe für die kommenden Jahre.
Frank Kießling (geb. 1944 in Markranstädt), Ingenieur für Nachrichtentechnik und Diplom-Ökonom, arbeitete u.a. als Projektant und Leiter Betriebstechnik Stadtmitte an der Universität Leipzig. Im Jahr 1991 übernahm er im Studentenwerk Leipzig die Leitung für die Abteilung Allgemeine Verwaltung/Werterhaltung/Investitionen. Von 2001 bis 2011 war Kießling Geschäftsführer im Studentenwerk Leipzig.
Zeitzeugeninterview: Tobias Prüwer